Am Übergang
- At Oktober 14, 2023
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Über blutrot schwerem Mohn
in Feldern aus türkisem Korn
ziehen glühende Wolkenschiffe
der aufkommenden Nacht entgegen
Die Dämmerung zieht die Welt
enger
Kurze Zeit umfängt
durchscheinende Klarheit
die Dinge um mich
bevor alle Farben in einander fließen
um mit dem Tag zu verlöschen
Südfranzösische Impressionen
- At Oktober 14, 2023
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I. Ankunft
Angekommen zwischen blühenden Akazien
und gierig rankendem Wein
Ein erster Gang durch kühle, enge Gassen
Fremde Klänge hallen wider von nacktem Stein
Tausend Versprechen schweben in der
vom Sommerregen satten Luft
und perlen tropfend an mir ab
II. Saint-Laurent-des-Arbres
Zu Stein gewordene Zeit
lächelt träge in die Sonne
Staubbedeckte Hunde bewachen dunkle Tore
zu verwunschenen Gärten
und träumen Gewesenem hinterher
III. Auf dem Weg nach Tavel
Aus dem zarten Grün
zierlicher Weinstöcke
recken schlanke Zypressen ihre spitzen Köpfe
rot entzündeten Abendwolken zu
Der Mohn am Rand der Felder
wiegt sich im lauen Abendwind
langsam in den Schlaf
IV. Ausflug
Durch enge Schluchten aus Platanen
zu harten Wäldern aus verwachsenem Gesträuch
Stahlblau peitscht der Mistral
das staubige Land
Auf braunen Äckern aus groben Kiesel
suchen Eidechsen Schutz
unter bizarr verfallenem Gemäuer
Vipern verhuschen lautlos im steinigen Gras
V. An der Küste
Verblichenes Licht steht über leeren Wiesen
Vergessenes, achtlos vom Meer zurück
gelassenes Land
Rostige Ungeheuer bewachen den Ozean,
der unwirklich in der Ferne gleist
und jagen uns mit trockenem Fauchen
über glasig flirrende Pisten aus kochendem Asphalt
VI. Nach der Lektüre eines Buches über
die letzten Tage von Jim Morrison in Paris
Eine Karussellfahrt rasend schnell
auf der Jagd nach Schatten von Baudelaire und Rimbaud
Schneller, immer schneller drehen sich
die bunten Lichter von Paris
Fratzenhaft taucht lange schon Vergangenes auf
und fletscht Hohn lachend
die vom Nikotin vergilbten Zähne
Die billige Jahrmarktsmusik verschwimmt
zu einem schmerzhaft lang gezogenem Klagelaut,
der sich nach und nach im süßen Leichenduft
der Festtagsluft verliert
VII. Zwischenbilanz
Obwohl mein ganzes Leben lang
auf genügend Sicherheitsabstand bedacht,
bin ich mir zu schwer geworden
und in mich selber eingebrochen
VIII. Mittagsschlaf im Zaubergarten
Sitzend im kühlen Schatten des alten Feigenbaums,
umspült von dunklem Taubengurren und fernem Kinderlachen
trägt mich der schmeichelnd süße Honigwind
weit über ockerfarben glühende Dächer
in mittagschwere Weinfelder hinaus
Das Dorf klein unter mir
hat sich als schlafende Schildkröte
tief in seinem verkrusteten Panzer versteckt
Farbiges Insektensummen
und würzig klingende Sommerdüfte
bringen von den dunstig fernen Hügeln
selige Kindertage zu mir zurück
VIII. Melancholie
In mitten unbeschwerter Stunden
siehst du urplötzlich
die Gegenwart in dunkle Erinnerung gerückt
Ein Mehltau aus dünnem Schmerz
liegt auf dem Tag und dämpft
das noch eben helle Sonnenlicht
IX. Regentag im Tal der Beaume
Unter kalten Regenschauern
zieht das noch gestern sommerhelle Tal
erschrocken seinen Mantel enger
Die geduckten Häuser
blicken grimmig auf
düstere Kastanien
und die in nebelige Sphären
entrückten kahlen Gipfel
Ein schüchterner Strahl
der letzten Abendsonne jedoch hat genügt
um kurz vor dem Vergehen des Tages
alles wieder neu mit frischer Farbe zu befüllen
Die Wälder schütteln die schweren Nebel
aus dem Fell und beginnen wieder leis zu atmen
X. Wintergedanken im Mai
Ein Schlittschuhläufer in mitten
eine fremden Sees
Ringsum graue Eisfläche vor
konturlos, leerem Horizont
Niemand weiß, ob es ein Ufer gibt
Allein muss jeder für sich das dünne Eis ertasten,
auch wenn der Weg ins Leere führt
Blühendes Vergehen
- At Oktober 14, 2023
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Als gäbe es kein morgen mehr
verdampfen Düfte und Farben,
verschwenden sich an einen kurzen
Frühlingstag
Beklommen stehe ich vor
der ungezähmten Pracht
und bestaune hilflos
das rauschafte Vergehen
Wie ein Rufen aus vergangener, dunkler Zeit
klirrt dürres Laub an Eichenbäumen
und hält mich schwer am kalten Boden fest
Inseln
- At Oktober 14, 2023
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Inseln in salzigen Weiten
eines trüben Ozeans
Unbeweglich
Eine jede seiend allein für sich
Manchmal scheint es
als tauchten Sihouetten auf
am dunstig fernen Horizont
Spiegelungen nur
die spurlos
kurz darauf
zerfallen
Blütenfall
- At Oktober 14, 2023
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Aus Weltraum blauen Höhen
treiben matte Winde
uns zarte Blütenblätter zu
hauchen sie tanzend weiß
dem Leben
kühl entgegen
So stehen Werden und Vergehen
plötzlich gegenüber
um sich zusammen in ihr Gegenteil zu wandeln
Ein flüchtiger Moment der Ahnung
an all umfassende Kreise
den der grelle Sonnenschein verglüht
Übeltage
- At Oktober 14, 2023
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Obwohl uns luftig leichtes Schlendern
durch gepflegte Parks versprochen wird,
müssen wir von Zeit zu Zeit
mühselig Tage ersteigen,
die wie astlose nasse Baumstämme sind
Schmierig und glatt das Holz,
kaum ein Tritt kann an der Rinde Halt gewinnen
Unpassend gekleidet
versuchen wir gleichzeitig zu klettern und
die helle Sonntagskleidung nicht zu beschmutzen
Verschwommenes Licht bricht sich
beim Blick nach oben
im Milchglas unserer Brillengläser
und wäscht dabei aus unserem Blick
alle Farben und Konturen
Verregneter Frühlingstag am Land
- At Oktober 14, 2023
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Der Tag in graue Watte eingepackt
Rapsfelder quadratisch gelb lackiert
Die Luft verklebt von Fliederduft
und angewärmtem Blütenstaub
Die Lunge atmet Sirup
um nicht zu ersticken
Nachtgedanken
- At Oktober 14, 2023
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Das gelbe Licht des Tages
ist zu trockenem Sand zerfallen
in rauchiges Glas gegossen
liegt vor mir die Nacht
dickflüssig strömt die Zeit
zwischen bleichen Hausfassaden
und bleibt manchmal
in kleinen Pfützen stehen
von fern surrt monoton die Stille
und zieht mich ganz leise
weg von dir
Lebensweisheit
- At Oktober 14, 2023
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Manchmal verkanten sich Gedanken
in den Bahnen des Gehirns
manchmal verhaken alte Ängste sich
in die dünne Seelenhaut
dann ist es wieder höchste Zeit
kräftig sich zu schütteln
und lachend weiter
seinen Weg zu gehen
Überreste
- At Oktober 14, 2023
- By udo
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Vor Angst und Sorge
salzig starr geworden
wagst du kaum mehr zu atmen
um nicht vor den Augen der Anderen
deine spröde Haut
zu zerbrechen
Geblieben sind dir
verstreute Reste
nie gelebten Lebens
auf dem Boden eines
schlecht beheizten
Wartezimmers