Des Sommers Abreise

Plötzlich ist er tatsächlich abgereist
und hat ohne ein Wort
uns in der leeren Wohnung
zurück gelassen

Die hellen Morgen
hat er genauso mit genommen
wie die fruchtig im Mund
prickelnden Farben

und uns nur schal
schmeckende Hochnebel
über braun gefärbten Grüntönen
da gelassen

Sogar die Felder
hat er noch schnell leer geräumt
und uns als Abschiedsgruß
ein paar hart gewordene Maisstengel
an den Wegrand gestellt

Ich wäre verdammt gern
mit ihm gegangen

schon allein deshalb
weil ich jedes Jahr
mehr Angst davor habe
dass er nicht wieder kommt

Ein Abend mit Freunden

Lachen ohne Hall
aus klaffenden Mündern

Unscharfe Projektionen
an einer weißen Wand

Überbelichtet
Alt

Verschweißte Worte
gleiten an einander ab
und fallen scheppernd
vor unsere Füße

Warten am 
falschen Bahnsteig 

Müdes Winken
hinter fahrenden Züge

Spätsommer

Die Schatten sind jetzt kühler
das Licht ein mildes Lächeln

Der Rausch der grellen Tage
ist verflogen
die Sinne frei

In mir umkreisen Gefühle von Aufbruch
die Sehnsucht nach daheim 

Die Bewegungen werden langsamer
der Blick klart auf 

Steine im Fluss

Die Stürme haben sich gelegt
zu einem breiten Fluss
aus Stromschnellen und Untiefen
auf weitem Weg zum Meer

Manchmal fallen Steine
in die funkelnde Flut
und ziehen Kreise 
gegen den Strom

So lange uns kein Eis befällt
versinken sie lautlos
in dunkler Tiefe
aus ewigem Schlamm

Zweifelnder Sommer

Leise Wehmut
hat sich unbemerkt
in die hellen Morgen
eingeschlichen

Schon versteckt sich
schüchtern
überreifer Raps
hinter Vorhängen
aus Nebeln
die eine feuchte Nacht
uns ließ

Seine Kraft ist
ungebrochen
und doch scheint es
als hätten
Zweifel ihn
befallen

Immer wieder
blickt er
aus verkniffenen Augen
unsicher zurück

In seinem Innern
bereits spürt er
den September
erschütternd geduldig
auf ihn warten

Im Sumpf

Tief eingesunken in den Morast
zerrt an uns zäher Schlamm

Stechend riechende Blasen
platzen auf
und verströmen Gase
voll lähmenden Gifts

Manchmal in der Nacht
entzünden sie sich kurz
und locken uns mit
süßlich hellem Grabeslicht
weg vom festen Ufer

Inwendig wund
und mit aufgedunsenem Leib
ist fast nichts menschlich
mehr an uns

Nur wer stille Inseln kennt
und eine Hand
die ihn vom Schmutz befreit
kann der verlassenen Brache
für kurze Zeit entfliehen

Jetzt

Nichts ist wie es scheint
Heute widerspricht gestern
Nur der Wandel bleibt

Leben gedeiht in
hauchdünnen Scheiben
auf der geschliffenen Klinge
des Jetzt

und ist dort
unsterblich

Sommerwelt

Immer schwerer
fallen Schleier
hinter denen sie am Morgen
das narbige Gesicht verbirgt

Scharfe Sonnenstrahlen
haben sie verprügelt
bis ihre Haut
hart und rissig
war

Der leise Regen in der Nacht
konnte die Schmerzen
nur für Augenblicke lindern

Wie lange noch
reicht die Kraft
um die Länge
des Schritts zu halten ?

Müde lächelnd
streut sie
eine Hand voll
Spatzen in die Luft
 

Sonntagmorgen

Die Straßen atmen flach
Ruhepuls

Noch schlaftrunken
blinzeln
bunte Fassaden
in frisch gewaschene
Sonntagsluft

Die Farben
haben ihr Äußeres neu bezogen
um damit
für kurze Zeit
die Wehmut
der vergangenen Nacht
unter einer dünnen Schicht
aus Unschuld
zu verdecken 

Portrait

Außerhalb ist nichts

Er selbst
ein verkrampfter
Muskel

schmerzhaft
hart

Ein schwarzer Punkt
ist von ihm
geblieben 
der in zersprungenen Spiegeln
nach Zeichen sucht

und nur
die eigenen
starren Blicke
findet